VERLORENE WORTE

Zur philosophischen Reflexion der Aphasie

 11.-13. Mai 2023

Symposion in Kooperation mit dem Institut für Philosophie an der Universität Wien 

Alte Kapelle, Uni-Campus Hof 2.8 | Spitalgasse 2-4, 1090 Wien

 (Übersichtsplan Universitätscampus)

Konzeption und Leitung: 

Gabriele Geml  

 

Studentische Leitung: 

Bünyamin Belova

 

Eine Veranstaltung des Instituts für Philosophie der Universität Wien und des Vereins .akut

 

Gefördert von der Stadt Wien Kultur

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Programmheft
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Sprache zeichnet die menschliche Existenz aus. Sie ist eine basale Form der sozialen Interaktion, erfüllt wesentliche Funktionen in einer Reihe von kognitiven Prozessen, sie bestimmt unsere Identität, unser Selbstverhältnis und unseren Zugang zur Welt.

 

Aphasien, neurogen bedingte Sprachstörungen infolge von Schädigungen sprachrelevanter Areale im Gehirn, können etwa nach Schlaganfällen oder Verletzungen sehr plötzlich und unvorbereitet auftreten. Je nach der Schwere der Schädigung stellt eine Aphasie eine tiefgreifende Krise im Gefüge der Subjektivität dar: Die Beeinträchtigung des Sprachvermögens betrifft nicht allein die vordergründig auffälligsten Bereiche von Kommunikation und Alltag, sondern erfasst die soziale Lebenswelt, die persönlichen Autonomiepotentiale, das Selbstverständnis und die Beziehung zu sich selbst.

Erstaunlicherweise wurden die Sprachstörungen nur selten ins Zentrum philosophischer Überlegungen gestellt und im allgemeinen Bewusstsein ist der Begriff Aphasie wenig geläufig. Während die fachwissenschaftlichen und therapeutischen Erkenntnisse anwachsen, bleibt eine philosophische Reflexion, die die subjektiven Verschiebungen in den Blick rückt, in vielen Aspekten noch ein Desiderat.

 

Was bedeutet es für eine Person, wenn plötzlich über ihren Kopf hinweggeredet wird, weil ihr die Worte fehlen oder sie zu langsam gefunden werden? Wie werden Sprachstörungen gesellschaftlich aufgefangen und welche institutionellen Angebote werden Betroffenen zur Verfügung gestellt, die ›schlagartig‹ oder schleichend einem kommunikativen Unvermögen ausgesetzt sind? Wie gestalten sich psychisch relevante Fähigkeiten wie Selbstverbalisationen oder innere Monologe, wenn die Sprache fehlt, fehlgeht oder nurmehr fragmentiert zur Verfügung steht? Wie affizieren Aphasien kognitive Prozesse? Und welche Einsichten lassen sich aus der Betrachtung der Aphasien in Bezug auf das menschliche Sprachvermögen gewinnen?

 

Mit diesen und weiteren Fragen möchte das Symposion einen Dialog zwischen Philosophie, Fachwissenschaften, therapeutischen Disziplinen, sozialen Institutionen und einer interessierten Öffentlichkeit anregen. Es versteht sich als eine Auftaktveranstaltung, aus der weitere Projekte im wissenschaftlichen und kulturellen Bereich hervorgehen könnten. Ein Fokus wird auf dem Verhältnis von Sprache und Musik liegen, das in der philosophischen Tradition vielfach thematisiert wurde, aber vor dem Hintergrund der aktuellen Aphasietherapie und ihren sprachanbahnenden Verfahren neu zu rekapitulieren ist. Einen weiteren Blickpunkt wird der Standort Wien bilden: Welche Sozialangebote finden Betroffene und Angehörige in der österreichischen Hauptstadt? Vorgestellt werden der Wiener Aphasie-Club und der Aphasie-Chor Wien.

 

Zu den Keimzellen des Symposions gehört ein Seminar, das unter der Leitung von Gabriele Geml im Wintersemester 2022/23 an der Universität Wien stattfand: »Sprachphilosophie unter Berücksichtigung der Sprachstörungen. Zur philosophischen Reflexion der Aphasie«. Einige Studierende des Philosophie-Instituts sind in das Symposion aktiv involviert.

Programm (Stand: 5.5.2023)

 

DO | 11. MAI 2023    

Universität Wien | Alte Kapelle, Uni-Campus Hof 2.8

Spitalgasse 2–4, 1090 Wien

                                                           

14:30 – 15:45             

Begrüßung                   

George Karamanolis (Vorstand des Instituts für Philosophie der Universität Wien)

Han-Gyeol Lie (Vorstand des Vereins für Ästhetik und angewandte Kulturtheorie)

 

Moderation: Han-Gyeol Lie und Gabriele Geml

Zur philosophischen Reflexion der Aphasie. Historische Referenzen, aktuelle Perspektiven

Gabriele Geml

 

15:45 – 16:00             

Pause

 

16:00 – 17:20             

Die Bedeutung der phänomenologischen Sprachauffassung für das Verständnis der Aphasie

Bünyamin Belova

 

Bilder, die sprachlos machen. Philosophie, Kunst und Aphasie

Martin Mettin

 

17:20 – 17:40            

Pause

 

17:40 – 18:30            

Sprache im Gehirn

Lisa Bartha-Doering

 

 

 

 

FR | 12. MAI 2023

Universität Wien | Alte Kapelle, Uni-Campus Hof 2.8

Spitalgasse 2–4, 1090 Wien

 

Moderation: Martin Mettin

09:30 – 11:20             

Ethische und philosophische Aspekte von Sprach- und Sprechstörungen im Rahmen von ÄrztInnen-PatientInnen-Gesprächen 

(Kurzpräsentation der projektierten Masterarbeit)

Karin Thurner 

 

Wenn das sprachliche Repertoire nicht (mehr) passt. Grenzziehungen und Grenzerfahrungen sprachlicher Kommunikation

Sandra Radinger

 

Macht des Wortes – Wortlose Ohnmacht?

Sprachphilosophische und menschenrechtspädagogische Annäherungen

Paul R. Tarmann

                                   

11:20 – 11:40            

Pause

 

Moderation: Gabriele Geml

11:40 –13:00            

Transkranielle Puls-Stimulation TPS: Neues Ultraschall-Hirntherapie-Konzept aus Wien

Roland Beisteiner

 

Sprachlos: Neurologische Kommunikationsstörungen aus logopädischer Sicht

Susanne Maria Javorszky

            

13:00 - 14:30              

Mittagspause

                                   

Moderation: Paul Tarmann

14:30 - 16:00              

Sprache, ohne zu sprechen – Erfassung und kognitive Funktionen innerer Sprache

Jutta L. Mueller          

            

Blicke in und aus Gebärdensprachen. Aphasieforschung als Erkenntnischance

Verena Krausneker

 

16:00 – 16:20             

Pause

 

Moderation: Gabriele Geml

16:20 – 17:00             

Über den gemeinsamen Sprachraum angesichts der Vulnerabilität der Menschen und der Fragilität der menschlichen Angelegenheiten – eine Perspektivierung allgemein-materialistischer Behindertenpädagogik

Robert Schneider-Reisinger

 

17:00 – 17:10            

Pause

 

17:10 – 18:30             

Der Wiener Aphasie-Club. Aphasie im Dialog seit 1976

Jacqueline-Ann Stark (Vortrag per Zoom-Zuschaltung)

 

Singen macht Leben. Zum Projekt des Aphasie-Chors Wien

Maria Weitzer

 

 

 

 

SA | 13. MAI 2023

Universität Wien | Alte Kapelle, Uni-Campus Hof 2.8

Spitalgasse 2–4, 1090 Wien

 

Moderation: Gabriele Geml

9:00 – 10:15               

Die Bedeutung von Aphasien in Henri Bergsons ›Materie und Gedächtnis‹ (1896)

Ramona Küchenmeister

 

Rhetorik und Aphasie: Roman Jakobsons Polarität von Metapher und Metonymie

Gerald Posselt

 

10:15 – 10:45             

Pause

 

10:45 – 11:45            

Aphasie: Die Bedeutung von Musik für die Reaktivierung der Sprache

Sophia Umfahrer (Vortrag per Zoom-Zuschaltung)

 

Aphasietherapie digital: Grundprinzipien, Funktionsweisen und Anwendung von ELA-Sprachmodulen

Vanessa Kraut / Jacqueline Stark (Vortrag per Zoom-Zuschaltung)

 

11:45 – 12:00             

Pause 

 

12:00 – 13:00             

Aphasietherapie: Quo vadis

Robert Darkow

 

 

 

Programmheft (inklusive Abstracts und CVs)

 

 

Bitte beachten Sie, dass der Vortragsraum (im ersten Stock) leider nicht barrierefrei zugänglich ist.

 

Auf Anfrage ist eine digitale Teilnahme per zoom-Videokonferenz möglich:

info@vereinakut.at

 

 

Mit freundlicher Unterstützung: